Neues Selbstbewusstsein im Ruhrgebiet nach dem Kulturhauptstadt-Jahr?

Man sagt wieder „Glück auf!“

Von Peter Joerdell für R2-Horizont

Foto: Thomas Robbin

Die Zeche Zollverein in Essen: stolzes Wahrzeichen der Industriekultur im R2-Gebiet.

Ruhrgebiet. Das Kulturhauptstadt-Jahr hat Spuren hinterlassen. Im positiven Sinne. Auch wenn Publizist Henryk M. Broder jüngst noch in der ZEIT wetterte, er sei im Rahmen einer Deutschlandreise in NRW und damit im R2-Gebiet unterwegs gewesen, und das sei ja der neue Osten der Republik. Verarmung, Hoffnungslosigkeit, galoppierende Entsolidarisierung der Gesellschaft… Ja, es mag auf manche Bereiche im R2-Gebiet zutreffen, dass man nicht nur von Strukturwandel, sondern auch von Strukturschwäche sprechen muss.

Aber direkt zu sagen: „Das ist der neue Osten“ – also dazu fehlen mir zum Beispiel die national befreiten Zonen (ohne unseren Mitbürgern in den neuen Bundesländern zu nahe treten zu wollen, aber die gibt es dort nun einmal). Vielleicht ist Herr Broder auch nur nicht aus seiner gepanzerten Limousine oder dem erste Klasse-Waggon ausgestiegen. Sonst wäre ihm vielleicht aufgefallen, wie bunt gemischt und weltoffen das Leben „tief im Westen“ ist – und vielleicht hätte jemand zu ihm gesagt „Glück auf“…

Foto: YOKKMOKK

Das Glück in Tüten von YOKKMOKK.

Die neue Freude daran, ein Ruhrpott-Mensch zu sein

Denn es gibt ihn. Diesen neuen Stolz, diese neue Freude daran, ein Ruhrpott-Mensch zu sein. Da ist zum Beispiel Thorsten Symanzick, Inhaber des Essener Landschaftsarchitekturbüros SYMplan. Das fröhliche „Glück auf“ aus der alten Bergmannssprache ziert inzwischen als Abbinder jede seiner E-Mails. „Das muss man doch mal wieder mehr nach vorn bringen“, betont Symanzick. Und ist damit nicht allein: Die beiden Dortmunder Designerinnen Judith Jöhren und Kendra Keller aka YOKKMOKK haben eine „Glück auf“-Tüte als Souvenir und Gimmick konzipiert. Der Inhalt: einige Stücken Kohle.

Und kürzlich erst hörte ich an einem Kiosk in Oberhausen, wie ein Teenager mit überdimensionierten MP3-Muffen auf den Ohren über einer Wollmütze seinem Kollegen, der auf der anderen Straßenseite vorbeiradelte, zurief: „Ey, Giovanni! Glück auf!“

Die neue „Glück auf“-Kultur ist vielleicht ein zartes Pflänzchen. Aber eins, das man pflegen sollte. Denn was kann schon schöner sein, als ein Stück positives Denken, das sich aus der Tradition einer ganzen Region speist, in zwei Worte zu gießen, die man seinen Mitmenschen zu jeder Tages- und Nachtzeit fröhlich entgegenrufen kann? Und den Pessimisten dort draußen kann man getrost entgegen: „Sicher, wir wissen nicht, ob es hilft. Aber schaden wird es garantiert nicht.“ Na denn, in diesem Sinne ein gut aufgelegtes „Glück auf!“ von der gesamten R2-Redaktion!

Foto: Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 183-P0609-0010

Bergleute im Gespräch: Ein Bild aus einer anderen Epoche, die gar nicht so lange zurückliegt.

Was denken Sie?

Wird „Glück auf“ das neue Lebensgefühl der Region? Lässt sich der positive Schwung des Kulturhauptstadt-Jahres so konservieren? Teilen Sie Ihre Gedanken mit uns in der Kommentarsektion!

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