Das Korean Girl über koreanische Verwandtschaftsbeziehungen

Die angeheiratete Tante, die mit dem jüngeren Bruder des Vaters verheiratet ist

Von Sun-Mi Jung für R2-Blogger

Foto: © Ojedamd, Lizenz

Wer in Korea so eine große Familie hat, muss jede Menge Verwandtschaftsbezeichnungen lernen. Schließlich hat jeder Verwandtschaftsgrad eine eigene Bezeichnung.

Dortmund. In Deutschland ist alles ganz einfach. Hier gibt es Mutter und Vater, Bruder und Schwester, Großvater und Großmutter (bei uns im Ruhrgebiet sagt man: Omma und Oppa), Onkel und Tante. Das war’s. Ach ja, Cousin und Cousine habe ich noch vergessen. Alles ganz schön überschaubar. Und ganz schön ungenau. Denn eigentlich gibt es ja noch viel mehr Verwandtschaftsgrade. Sie sind nicht meiner Meinung? Dann kommen Sie mal mit in die Welt der hochkomplizierten koreanischen Verwandtschaftsbeziehungen. Aber verlaufen Sie sich nicht.

Mein kleiner Bruder nennt mich "Nuna"

Ich habe einen kleinen Bruder. Das heißt, kleiner ist er eigentlich nicht (er ist sogar 20 Zentimeter größer!). Nur jünger. Und zwar sieben volle Jahre. Daher habe ich neben meinem „normalen“ Namen „Sun-Mi“ noch einen weiteren: „Nuna“. Er bedeutet „große Schwester“ und es gibt auf der ganzen Welt nur einen einzigen Menschen, der mich so nennen darf. Mein kleiner Bruder!

Hätte ich eine kleine Schwester, sie würde mich nicht „Nuna“ nennen. Das kann nur ein jüngerer Bruder. Meine kleine Schwester würde mich stattdessen „Onni“ nennen. Ich hätte also schon drei verschiedene Namen und müsste auf alle reagieren. Und das innerhalb meiner eigenen Familie.

Tatsächlich gibt es im Koreanischen zwei verschiedene Wörter für „Schwester“! Und da ich weiß, dass Sie als aufmerksamer Leser des „Korean Girl“ ein sehr intelligenter Mensch sind, wird es Sie nicht wundern, dass es auch zwei verschiedene Wörter für „Bruder“ gibt: Männer (oder Jungs, je nachdem) nennen ihren älteren Bruder „Hyong“. Frauen (oder Mädchen) nennen ihren älteren Bruder „Obba“. Warum wir so viele verschiedene Wörter für ein und denselben Menschen haben, weiß ich auch nicht. Aber Koreaner scheinen zu erkennen, dass ein und derselbe Mensch sehr unterschiedlich von seiner Umwelt wahrgenommen werden kann. (Die Koreaner können sehr philosophisch sein.)

Vornamen werden in der Familie vermieden

Übrigens genießt mein kleiner Bruder zwar das einzigartige Privileg, mich „Nuna“ nennen zu dürfen. Gleichzeitig darf er jedoch nicht meinen Vornamen benutzen. Er spricht mich als „Nuna“ an und redet auch so von mir. Wenn er mit Deutschen von mir spricht, benutzt er die deutsche Übersetzung „(meine) Schwester“. Nur „Sun-Mi“ kommt ihm niemals über die Lippen. Achten Sie mal drauf!

Koreaner sprechen einander nämlich nur unter gleichrangigen Freunden direkt mit Vornamen an. Oder „Untergebene“, wie die eigenen Kinder. Oder kleine Brüder. Ein Vorname ist etwas sehr Intimes und Persönliches. Den darf nicht jeder in den Mund nehmen.

Aber auch für Onkel und Tanten gibt es jede Menge unterschiedlicher Begriffe. Da gibt es den Onkel väterlicherseits, der älter als der eigene Vater ist. Man nennt ihn „Ken-Abba“. Das heißt tatsächlich „Groß-Vater“. Dann den Onkel väterlicherseits, der jünger als der eigene Vater ist. Diesen nennt man „Chagen-Abba“. Das heißt „Klein-Vater“. Dann den angeheirateten Mann der Tante väterlicherseits, welche älter als der eigene Vater ist. Ihn nennt man „Ken-Gomo-Bu“ („Groß-Tante-Mann“). Hat der Vater noch eine jüngere Schwester, die verheiratet ist, nennt man ihren Mann „Chagen-Gomo-Bu“ („Klein-Tante-Mann“). Hat der Vater noch einen unverheirateten Bruder, nennt man ihn „Sam-Chun“. Das bedeutet so viel wie „dritter Grad“.

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Kommentare  

 
+3 #1 Freddy 2013-04-16 08:53
Schöner Bericht.
Also die ganze koreanische Namenssache ist schon sehr männlich fixiert. Von wegen angeheirater Mann der Schwester des Vaters, der jünger als der Vater ist.
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