Neue R2-Serie: Die "Lady Boy" arbeitet in einem echten Männerberuf

Die Frau, die ihren Mann steht

Von Silke Land-Weltner für R2-Blogger

Foto: (c) DVIDSHUB, Lizenz

Lauter Männer. Die alle echte Machos sind. Und mittendrin ist die neue R2-Kolumnistin Silke Land-Weltner, die als Frau in einem Männerberuf arbeitet.

Lünen/Köln. „Was will DIE denn hier?“, ein lautes Brüllen ging über die Baustelle. Ich glaube, das galt mir, denn es traf mich ein Blick - ich wäre am liebsten im Erdboden verschwunden. Doch ich musste dem Blick standhalten, musste zeigen, dass ich hier – auf seiner Baustelle - genau richtig bin. Ansonsten hätte ich gleich verloren, das war mir in diesem Moment so was von klar.

Möchtegern-Ingenieure und Weiber hasste der Oberbauleiter

Dann ging sein Blick weiter und erfasste meinen Chef und das Brüllen ging weiter: „Ach nee, erst schickt der Weber einen Möchtegern-Ingenieur und nun auch noch ein WEIB, na, das kann ja heiter werden.“ Er drehte sich um und ging seiner Wege. Puh, das war erst mal geschafft. Nun starrten mich gefühlte 100 Augenpaare an. Von allen Seiten. Von oben, vom Gerüst, aus den Baucontainer, von vorn, von hinten, überall nur diese Blicke, die sagten „Da hat der Pfau recht, was will DIE denn hier???“ Und ich musste da durch, musste standhaft bleiben und lächeln. „Lächeln ist ganz wichtig!“, sagte ich ständig zu mir. Bloß keine weichen Knie zeigen. Und wir gingen weiter, hinein in den Baucontainer, in dem bereits der erste Vorarbeiter auf uns wartete.

Das war der Beginn einer tiefen Freundschaft. Der Freundschaft zu meinem Beruf. Damals hatte ich zum ersten Mal als Jungingenieurin eine richtige Baustelle betreten und war verantwortlich. Verantwortlich dafür, dass die Schieflage, in die mein Vorgänger meinen Chef gebracht hatte, wieder gerichtet wurde und verantwortlich dafür, dass die Jungs – Monteure und Klempner! – ihren Job richtig machen. Verantwortlich dafür, dass die vereinbarten Termine eingehalten wurden und die Kosten im Rahmen blieben. Und ich habe es geliebt und liebe diesen Job heute noch.

Ich habe mich auf die Ebene der Vorarbeiter gestellt, habe mit ihnen gesprochen, sie nach ihrer Meinung gefragt und so ein Team gebildet. Ich war nun nicht mehr allein auf dieser Baustelle. Ich hatte Rückendeckung und gemeinsam haben wir den „Karren aus dem Dreck“ gezogen. Wir haben die Fehlplanungen korrigiert und vor allem auch die Zeit wieder rausgearbeitet, weil wir Synergien gefunden haben.

Mein Männerberuf macht mir so viel Spaß!

Wissen Sie, das hat mir richtig Spaß gemacht! Ich habe enorm viel gelernt, ich wurde respektiert und akzeptiert. Und das schönste Geschenk erhielt ich ein gutes Jahr später, genau an meinem Geburtstag, vom Oberbauleiter. An diesem Tag hatten wir unsere Baustellenfertigfeier und alle, Planer, Bauleiter und Monteure, saßen zusammen in einem riesigen Zelt. Und Oberbauleiter Pfau sagte laut – ungefähr so laut, wie er seinerzeit über die ganze Baustelle gebrüllt hatte: „Frau Land, eines muss ich Ihnen lassen, sie haben ihren Mann gestanden …“. Und ich, ich wurde ganz rot und alle haben geklatscht.

Und das meine lieben Leser ist wohl der Grund, warum ich mich so wohl in einem Beruf fühle, in dem ich mich immer in einer Männerdomäne befinde. Ich bin ich. Ich kann mich beweisen und erhalte eine wahrhaftige Anerkennung!

Und wie ich in diesen sogenannten Männerberuf rein geraten bin? Ich glaube, das hat sich bei mir schon in der frühesten Kindheit abgezeichnet. Meine Omi hatte immer zu mir gesagt: „An Dir ist ein Junge verloren gegangen …“. Später, in der Schule, liebte ich Naturwissenschaften und Technik. Daher machte ich auch zunächst eine Lehre als Maschinenbauzeichnerin. In einen Betrieb für Kraftwerksanlagenbau! (Sehr männerlastig.) Später studierte ich und heute bin ich Diplom-Ingenieurin (FH) für Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik. Ich behaupte auch heute noch, ich bin NICHT typisch weiblich. Ich habe keine Angst vor Spinnen, habe keine zwei Schuhschränke und setze mich sogar in Kasernen durch.

Außerdem schreibe ich ab sofort Kolumnen für R2inside als „Lady Boy“. Und zeige Ihnen, wie sich eine Frau in einem Männerberuf durchsetzt.


               

Eine "Lady Boy" erobert die Männerwelt

Silke Land-Weltner (Foto), auch liebevoll genannt Silli, wurde im Juni 1967 in Berlin geboren. Sie hat eine erwachsene Tochter, die derzeit Pferdewissenschaften in Wien studiert. Seit 1994 lebt sie in NRW und seit 2007 im R2-Gebiet, genauer gesagt in Ense, Lünen. Sie ist verheiratet und arbeitet seit drei Jahren in Köln im Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW). Für R2inside schreibt die Diplom-Ingenieurin (FH) als "Lady Boy" von ihren schönen, lustigen und manchmal nachdenklichen Erlebnissen als Frau in einem traditionellen Männerberuf.

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Kommentare  

 
+1 #4 Christina Kwiotek 2013-04-27 14:47
einfach toll...Deine Kolumne....drück Dich...Christina
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+1 #3 mariana Garcia 2013-04-26 15:59
ja, das ist "unsere" Silli!!!!!
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+1 #2 Peter Weltner 2013-04-25 19:46
Stimmt.
Ich hab's nicht leicht mit ihr. ;)
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+1 #1 Gabriele Farnzak 2013-04-25 18:04
Hallo "Lady Boy",

ich bewundere Ihren Mut, Ihre Zuversicht und wie Sie diese Raubbeine überzeugt haben.
Auf weitere Einblicke in Ihren Berufsalltag freue ich mich schon sehr.

Beste Grüße
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